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Welt-Hirntumor-Tag: Prädiktive Biomarker-Signaturen für eine individualisierte Therapie : Datum:

Die Heilungschancen für Patientinnen und Patienten, die an bösartigen Gehirntumoren erkranken, sind gering. Dr. Alexander Beck und seine Kolleginnen und Kollegen vom Forschungsvorhaben „GlioCure“ wollen mithilfe prädiktiver Biomarker-Signaturen die Auswahl individueller und damit möglichst erfolgversprechender Therapien vereinfachen (Therapiestratifizierung).

Prädiktive Biomarker ermöglichen Aussagen über die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Therapie bei einem Patienten oder einer Patientin wirksam ist. © Adobe Stock / Meow Creations

Motivation

Dr. Alexander Beck ist Forschungsgruppenleiter und Arzt an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Obwohl in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte bei der Behandlung von Krebserkrankungen gemacht werden konnten, stellen bösartige Gehirntumore eine noch weitgehend ungelöste Problematik dar. Besonders tragisch ist dies bei jungen Patientinnen und Patienten. Dr. Beck teilt die Hilflosigkeit der Patientinnen, Patienten und deren Eltern bei jeder Diagnose aufs Neue: „Trotz neuester Therapieverfahren versterben die betroffenen Kinder meist schon wenige Monate nach Diagnosestellung. Weniger als zehn Prozent der Kinder leben nach zwei Jahren noch.“ Der offensichtliche Bedarf nach Innovationen und neuen Behandlungsstrategien in diesem Feld war für ihn der Antrieb, seine Laufbahn als Klinikarzt aufzugeben und sich vollständig diesem Thema und der Erarbeitung neuer Lösungsansätze zu widmen.

GlioCure

Mit seinem Projektteam identifiziert er prädiktive Biomarker-Signaturen zur Therapiestratifizierung von Patientinnen und Patienten mit bösartigen Gehirntumoren. Therapiestratifizierung bedeutet, basierend auf den spezifischen Merkmalen eines Tumors den bestmöglichen Therapieansatz zu wählen. Das angestrebte Ziel ist die Entwicklung eines präzisionsonkologischen Tests, der vorhersagen kann, welche Patientin bzw. welcher Patient von welchem Medikament bestmöglich profitieren wird: „Dazu haben wir eine Organoid-Technologie entwickelt, mit der wir realitätsnahe humane Gehirntumore im Labor erzeugen, an denen sich zahlreiche Analysen in einem hohen Durchsatz durchführen lassen.“

Obwohl sich die Arbeitsgruppe insbesondere mit bösartigen Gehirntumoren des Kindesalters auseinandersetzt, kann der entwickelte Test prinzipiell für alle Gehirntumorarten bei Kindern und Erwachsenen eingesetzt werden. Bei den Erwachsenen spielen neben den primären Gehirntumoren insbesondere Gehirnmetastasen eine große Rolle. Die erfolgreiche Entwicklung des angestrebten Testverfahrens für eine bessere Therapiestratifizierung der betroffenen Patientinnen und Patienten verspreche neben einem längeren Überleben auch eine bessere Lebensqualität.

Personalisierte Therapie von Gehirntumoren

Laut Dr. Alexander Beck stützt sich die personalisierte Therapie bei Gehirntumoren derzeit fast ausschließlich auf genetische Analysen: „Leider profitiert nur ein sehr kleiner Teil der Betroffenen von dieser Form der personalisierten Therapiefindung, nämlich nur circa ein bis drei Prozent. Mit unserem Testverfahren wollen wir eine deutlich höhere Erfolgsrate erreichen.“ Die Testung erfolgt an Standardgewebeschnitten eines Tumors, die weltweit jede Pathologie herstellen und unkompliziert bei Raumtemperatur versenden kann. Das erhöht die Zugänglichkeit des Testverfahrens deutlich, da prinzipiell jede Patientin und jeder Patient, von dem eine Tumorprobe entnommen wurde, für das Verfahren infrage kommt. Die Testergebnisse sollen eine zentrale Entscheidungsgrundlage zur Therapiestratifizierung betroffener Patientinnen und Patienten darstellen.

Obwohl sich Gehirntumore sowohl hinsichtlich ihres Malignitätsgrads, als auch hinsichtlich ihres Ursprungs sehr unterscheiden, sei die aktuelle Vorgehensweise bei der Therapiestratifizierung erstaunlich einheitlich, stellt Dr. Beck fest: „Für jeden Gehirntumor gibt es eine Standardtherapie, die zunächst wenig Spielraum zulässt. Diese besteht in der Regel aus einer Strahlentherapie und einer ungerichteten Chemotherapie.“ Da es jedoch bei fast allen Patientinnen und Patienten mit bösartigen Gehirntumoren nach wenigen Monaten bis einigen Jahren zu einem erneuten Tumorwachstum kommt, wird inzwischen versucht, eine personalisierte Therapieentscheidung herbeizuführen. Das sei allerdings nicht immer erfolgreich, betont Dr. Beck: „Wie bereits erwähnt, profitiert bisher kaum eine Patientin oder ein Patient von der aktuellen individuellen Therapiefindung. Wir hoffen, dass unser Testverfahren eine deutlich höhere Erfolgsrate aufweist und sich als neuer Goldstandard durchsetzen wird.“

Weg zur klinischen Validierung und Erwartungen

Trotz der Herausforderungen, die der Transfer von Laborexperimenten zur Anwendung an Patientinnen und Patienten mit sich bringt, hofft Dr. Beck, dass er mit seinem Team einen wichtigen Beitrag zur Therapieverbesserung leisten kann. Nach Abschluss der Machbarkeitsphase beginnt der Weg der klinischen Validierung der Ergebnisse: „Wir werden mit nationalen und internationalen Konsortien zusammenarbeiten, um unsere Erkenntnisse anhand klinischer Daten und Studien zu validieren. Ziel ist es, die Zulassung unseres Testverfahrens zu erreichen, sodass Patientinnen und Patienten Zugang zu zielgerichteten Therapieverfahren erhalten und davon profitieren können“, so Dr. Beck.

Dr. Beck und sein Team erhalten viel Unterstützung – sowohl von Betroffenen und deren Vertretenden, als auch von behandelnden Ärztinnen und Ärzten sowie politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern: „Allen ist die Notwendigkeit einer Verbesserung der aktuellen Situation bewusst. Niemand hält die aktuellen Therapiestrategien für ausreichend oder zufriedenstellend.“ Deshalb hoffe er auch in Zukunft, insbesondere beim Transfer in die klinische Anwendung, auf weitere Unterstützung, vor allem von zentralen Entscheidungsträgerinnen und -trägern.

Go-Bio initial

Mit der Fördermaßnahme GO-Bio initial fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Identifizierung und Entwicklung früher lebenswissenschaftlicher Forschungsansätze mit erkennbaren Innovationspotential. Im Rahmen der Projektdurchführung soll ein Reifegrad der Forschungsresultate erzielt werden, der eine Weiterführung in anderen etablierten Programmen der Validierungs-, Gründungs- und Firmenkooperationsförderung erlaubt.